Berlin, 14. Januar 2016. Die Richtung hatte im vergangenen Dezember schon die AfD vorgegeben. Von Bayern über Thüringen und Brandenburg hängte sie Verkehrsschilder auf, die das Problem der Masseneinwanderung von Flüchtlingen dahin verwies, wo es hingehört. Nämlich direkt in das Bundeskanzleramt zu Angela Merkel.
Heute hat ein bayerischer Landrat den AfD-Verkehrstipp in die Tat umgesetzt. Mit 31 anerkannten Flüchtlingen machte sich frühmorgens der Landshuter Peter Dreier per Bus auf den Weg nach Berlin, um seine Schützlinge in die sorgenden Hände der Regierungschefin zu übergeben. Der Mann hatte Merkel schon im Oktober die Maßnahme angedroht, falls er in seinem Landkreis weiterhin immer mehr Flüchtlinge aufnehmen müsse. Die Aktion des politisch unabhängigen Amtsträgers aus Bayern löst im Kanzleramt Alarmstimmung aus. Nicht auszudenken, wenn diese Art der Krisenpolitik in weiteren Landkreisen Schule machen sollte.
Keine Frage, der “Luther von Landshut” trifft die Kanzlerin mit seiner Aktion im ungünstigsten Augenblick. Erst vor wenigen Tagen hatte ihr der hochangesehene Ex-Verfassungsrichter di Fabio in ihrer Flüchtlingspolitik einen eklatanten Verfassungsbruch vorgeworfen. Nie zuvor wurde ein deutscher Regierungschef so abgekanzelt. Nun rumort es auch in der Union. Knapp 40 CDU-Abgeordnete stellen sich mit einer Unterschriftenaktion gegen die grenzenlose Aufnahmebereitschaft ihrer Chefin. Der Widerstand ihrer eigenen Mitstreiter macht deutlich, die grenzenlose Zustimmung, die Merkel noch auf dem CDU-Volkskammerparteitag in Karlsruhe, inklusive neunminütiger, stehender Ovationen, bekam, war kurz darauf schon Makulatur. Längst wird die Flüchtlingsfrage mit der Kanzlerfrage verbunden.
Für einen kurzen Moment war Merkels Verunsicherung bei ihrem Besuch der CSU-Klausurtagung in Wildbad Kreuth erkennbar. In einem Bericht des ZDF sah man zwei, drei Sekunden eine völlig abwesende Kanzlerin; frustriert, enttäuscht, abgespannt. Aber auch die Aktion des Landshuter Landrates wird bei ihr keinen Sinneswandel herbeiführen. Es liegt in der tragischen Natur von volksfernen und abgehobenen Potentaten, den drohenden Untergang nicht wahrhaben zu wollen. Auch Merkels ehemaliger Regierungschef Erich Honecker schwafelte noch kurz vor dem Mauerfall, der “antifaschistische Schutzwall” werde noch in hundert Jahren stehen. Kein Jahr später fanden in der DDR die ersten freien Wahlen statt. Wird Merkel die in 2016 noch verhindern können?